al-Samidoun

Kommentare und Berichte zu Politik, Religion und Kultur mit Fokus auf den Nahen Osten.

Mittwoch, 24. November 2010

Von Klischees, Zugvögeln und Golanhöhen

Wie schön sie doch sind; die Golanhöhen.
Und wie jedes Thema welches irgendwie mit dem Nahen Osten zu tun hat, eignen sich eben auch die Golanhöhen um die gängigen Klischees über den Orient zu verfestigen.
So zumindest im Artikel "Vögel kennen keine Grenzen", welcher im Tagesspiegel und in der Zeit erschienen ist.

Dass Syrer und Israelis eines Tages Frieden schließen, ist Nadines Hoffnung – und ihre Angst: In einem groß angelegten Friedensvertrag könnte Israel den Golan wieder an Syrien abtreten. Dass Nadine zur Managerin geworden ist und ihre Haare nicht bedeckt, all das wäre in Syrien für eine Frau schwierig.

Es darf bezweifelt werden, dass Orientexperte Elsemüller schon einmal außerhalb des kleinen, westlichen Brückenkopfes Israel im Nahen Osten unterwegs war. Sonst jedenfalls würde er nicht solche Halbwahrheiten verbreiten.
Natürlich sieht man in Syrien sehr viele Frauen ohne Kopftuch.
Als ich vor einigen Monaten in einem Hotel in Syrien übernachtete, da war die Besitzerin eben auch eine Frau. Ohne Kopftuch.
Das hier übrigens ist die syrische First-Lady.


Natürlich kann man anmerken, dass eine First Lady nicht den selben Restriktionen unterliegt, wie der Rest der Bevölkerung, jedoch ist das Kopftuch in Syrien keineswegs so weit verbreitet wie beispielsweise in dem mit Israel kollaborierenden Staat Ägypten oder gar im politisch nicht weniger verbündeten Saudi-Arabien.
Wer einmal durch Syrien gereist ist wird das relativ rasch festgestellt haben.


Dieser Zwiespalt zwischen den Vorteilen eines Lebens nach westlichem Vorbild in Israel und der eigenen arabischen Identität macht nicht nur Nadine Safadi, sondern vielen Arabern auf dem Golan zu schaffen. Die Jugend von Majdal Shams hat sich an ein freies Leben gewöhnt und daran, dass Frauen und Männer gleichberechtigt leben.

Seltsam, dass sie dennoch alle die syrische Fahne hissen und zwar in "jeder Straße" und "jeder Gasse".

Und die Protagonistin von Elsemüllers Geschichte will ja auch nur deswegen den israelischen Pass nicht, weil sie bei einer Rückgabe der Golanhöhen (ein naiver Mythos) möglicherweise als Verräterin verfolgt werden könnte.
Ein Szenario welches zwar schon vor dem Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem Südlibanon 2000 nur zu gerne gemalt wurde, welches dann aber doch nicht eintrat.
Der Teil der SLA-Kollaborateure, die nicht flüchteten und deren geringste Verbrechen wohl Folter und das Terrorisieren der Bevölkerung darstellten, bekam Gerichtsverfahren und wanderte für relativ kurze Zeit ins Gefängnis. Die meisten aber blieben so gut wie unbehelligt.

Dass Araber in Israel sich nicht mit dem Staat identifizieren liegt für Elsemüller und Co eben an den arabischen Staaten oder Arabern selbst.
Dass manche von ihnen einen israelischen Pass ablehnen hat demnach nichts mit der Politik Israels zu tun, die den Arabern eine Identifikation äußerst schwer macht, und das nicht nur durch den geplanten Loyalitätsschwur an die jüdische Identität des Staates.
Das Problem sind die Araber.
Dabei geht es ihnen doch so gut in Israel!


Aus dem Westen nichts Neues. Die gänigen Vorurteile über den Orient haben wir bestätigt. Die Araber lieben ihre Freiheiten in Israel (genau wie eine halbe Milliarde Zugvögel). Freiheiten, die sie in ihren arabischen (immer pejorativ!) Despotien natürlich nicht genießen.

Dass sie dann dennoch am liebsten Syrer oder Palästinenser bleiben und keineswegs die israelische Flagge hissen ist dann nur ein weiterer Beweis für die orientalische Irrationalität und Zerrissenheit.

Er ist schon schwer zu verstehen der Araber.

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