al-Samidoun

Kommentare und Berichte zu Politik, Religion und Kultur mit Fokus auf den Nahen Osten.

Samstag, 29. Januar 2011

Kein Zurückweichen in Ägypten!


Trotz beunruhigender Berichte über mindestens 50 Tote gehen die Aufstände in Ägypten weiter. Proteste werden aus Alexandria, Kairo und Ismailiyya gemeldet. In Ismailiyya werden gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizeikräften gemeldet.

Al-Jazeera Korrespondenten berichten von mindestens 20 Toten, die auf den Straßen Alexandrias liegen. Mindestens 15 Tote sollen gerade in Kairo gezählt worden sein.

Die Mobilfunknetze scheinen wieder zu funktionieren, berichten MobiNil- und Vodaphone-Nutzer auf Twitter. Etisalat ist hingegen noch gesperrt.


Reaktionen Israels und der USA
Im September 2009 rief die pro-israelische Neocon-Gruppe "Stand for Freedom in Iran" zu Demonstrationen angesichts der so genannten "Grünen Revolution" im Iran auf. Auch in Deutschland bekundeten pro-israelische Gruppen in Flugblättern, Zeitungen und auf Demos ihre Unterstützung der grünen Protestbewegung.
Die ägyptische Intifada lässt sie jedoch kalt. Vermutlich blicken sie sogar mit Furcht auf die Geschehnisse am Nil.

Alan Elsner, Mitglied eines pro-israelischen Think-Tanks erklärt, warum Ägypter es nicht wert sind, dass man ihre Sache (die selbe wie im Iran) unterstützt:
"I asked Elsner about the Israel Project's previous support for a "Stand for Freedom in Iran" rally in September 2009, held in the wake of the Green Movement protests, which emphasized lofty ideals of human rights and democracy. Why is the group not supporting the same ideals in Egypt? "There is a huge difference between the governments of Iran and of Egypt. The government of Egypt has a peace treaty with Israel and has observed it," Elsner said, also noting the antagonistic view of Iran toward Israel. He said the Israel Project is not to his knowledge planning any programs in support of the Egyptian protests, saying it will likely "be regarded as an internal matter for the people of Egypt."
Für die Ägypter gibt es also keine Solidarität, weil Mubarak einen Friedensvertrag mit Israel aufrecht erhält.
Zusammenschießen und Niederknüppeln der eigenen Bevölkerung ist demnach nur dann erlaubt, wenn die Niederknüppelnden einen Friedensvertrag mit Israel haben. Das ist "the huge difference".

Nach der Übernahme des Präsidentenamts durch Obama 2009 wurden Stimmen laut, man solle die gigantischen US-Zahlungen an das ägyptische Militär von der Verbesserung der Menschenrechte im Land abhängig machen. Dafür sah man im Verteidigungsministerium jedoch keinerlei Anlass:
Well, clearly, the United States always is supportive of human rights, and that is no less true of the Obama administration than other administrations. By the same token, it is important to continue our work and our friendship with these countries. And the position of the administration is that as an example the foreign military financing that's in the budget should be without conditions. And that is our sustained position.
Die US-Sprecher eiern deshalb etwas herum, ob Mubarak nun stützen oder womöglich sogar öffentlichkeitswirksam fallenlassen soll.
Wir erinnern uns an die Proteste in Tunesien, als die US-Regierung so lange auf Ben Alis Seite stand bis er fluchtartig das Land verließ und offizielle US-Sprecher nahezu augenblicklich die Seiten wechselten um plötzlich zu behaupteten, die Tunesier hätten jedes Recht selbst zu entscheiden, wer sie regiere.

Vizepräsident Joe Biden möchte Mubarak jedoch nicht einen Diktator nennen.


Reaktionen in Iran, Saudi-Arabien, Jordanien und China
Aber Heuchler und Opportunisten gibt es in allen Ländern der Erde.
Ähnlich wie US-Neocons, die die Proteste der arabischen Welt der "Demokratisierungspolitik" Bushs zuschreiben, sehen iranische Geistliche in ihnen ein Echo der Islamischen Revolution im Iran.
Partout will die iranische Diktatur das Wirken islamistischer Kräfte in den arabischen Protestbewegungen sehen.

Doch während sich die westlichen Medien und Regierungen reichlich zu Wort melden, hört man von den arabischen Regierungen nichts. Dort fürchtet man ein Überschwappen der Proteste auf die eigenen Bevölkerungen. Aus Jordanien wurden auch schon Proteste gemeldet.
Und auch im Reich der saudischen US-Verbündeten kommt es zu Demonstrationen.
Al-Jazeera berichtet, dass dutzende Demonstranten festgenommen wurden.

In China werden alle mit den ägyptischen Protesten zusammenhängenden Themen im "chinesischen Twitter" geblockt. Selbst dort scheint es zu Protesten gekommen zu sein.


Die schlechten Nachrichten zum Schluss
Es gibt beunruhigende Gerüchte, wonach sich die Armee auf die rücksichtslose Niederschlagung der Proteste vorbereitet. Scheinbar ist die Führung entschlossen Härte zu zeigen.

Ich war letztes Jahr zur selben Zeit in Kairo. Es ist erschreckend nun dort Panzer rollen zu sehen, wo ich bei einem Tee mit Freunden den Abend ausklingen ließ.

1 Kommentar:

  1. Israel denkt halt in erster Linie an die eigene Sicherheit.

    Kann man ihnen - umgeben von feindlichen Staaten - ja wohl auch kaum verdenken.

    Na mal sehen was kommen wird, wenn die Proteste erfolg haben und die Leute dann merken, dass sich an ihrer wirtschaftlichen Lage trotzdem nichts ändern wird, eher im Gegenteil...

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