al-Samidoun

Kommentare und Berichte zu Politik, Religion und Kultur mit Fokus auf den Nahen Osten.

Donnerstag, 28. April 2011

Ägypten: 846 Tote = "unblutige" Revolution

Satire in der Welt:
Das große arabische Erwachen in diesem Frühling hat den Westen beunruhigt und konsterniert, vor allem aber irritiert. Davon hat er sich noch immer nicht erholt. In Tunesien und Ägypten gingen die Veränderungen schnell und relativ unblutig vonstatten.
Nochmal: Mubarak hat bisher deutlich MEHR tote Demonstranten auf dem Gewissen, als es Assad bisher hat. Diese Tatsache schreibe ich nicht um die Gewalt des Ba'th-Regimes zu relativieren, sondern um zu verhindern, dass die Mubarak-Diktatur verklärt wird. Aber für Mubarak-Fans sind knapp 850 Tote eben relativ unblutig.

Auch der Rest des Artikels ist beschämend peinlicher Blödsinn.
Ein befreites Syrien würde auch dem Libanon die Chance eines Neuanfangs in Freiheit geben, denn Assads Agenten führen dort weiter den Kampf gegen Befürworter der Unabhängigkeit.
Dann wäre auch gewährleistet, dass endlich der Bericht jener internationalen Kommission veröffentlicht wird, die den Mord am früheren libanesischen Präsidenten Hariri und einem Dutzend seiner Unterstützer untersuchen sollte. Der Bericht dürfte eindeutige Belege dafür liefern, dass Syrien und Hisbollah in das Attentat verstrickt waren. Der Libanon würde endlich zu einem freien, demokratisch-zivilisierten und unabhängigen Staat.
Putzig, nicht wahr? Wenn erstmal die iranisch-syrisch unterstützten Gruppen ausgeschaltet sind, dann können endlich die saudi-arabisch unterstützten Gruppen die Demokratie in den Libanon tragen.
Wie "zivilisiert" sich die Hariri-Anhänger verhalten, hat man ja zum Beispiel beim Halba-Massaker begutachten dürfen. "Zivilisiert" sind für die Welt nur die Menschen, die dem Westen oder Saudi-Arabien huldigen. Die, die sich dafür bedanken, wenn Bomben auf das Land geworfen werden. Die einzige Gefahr für den Nahen Osten (und das heißt einzig und allein Israel und mit einigem Abstand Saudi-Arabien) sind Syrien und der Iran:
Ein entscheidender Schlag gegen Assad und der Aufstieg eines freien Syrien würden die Machtverhältnisse im Nahen Osten verändern. Der Iran wäre mit seiner expansionistischen Politik in die Schranken gewiesen. Erhöhte man die Sanktionen merklich, dann würde Teheran vielleicht sogar alle atomaren Ambitionen aufgeben, ohne dass es zu einer militärischen Auseinandersetzung kommen müsste. Die Saudi-Araber wären erleichtert, und wohl ebenso erginge es den Emiraten, bedenkt man die permanenten iranischen Erpressungsmanöver.
Sind Syrien und Iran erst mal zerschlagen, dann erst kann der Nahe Osten blühen. Und natürlich auch das Disneyland Saudi-Arabien. Ist es nicht furchtbar wie die Musterdemokratien im Golf "permanent" vom Iran erpresst werden? Mit Saudi-Arabien hat man nämlich keine Probleme, man freut sich sogar, wenn die "Saudi-Araber" (und damit kann nur die Königsfamilie gemeint sein) erleichtert sind. Auch wenn Saudi-Arabien vermutlich das brutalste, reaktionärste und repressivste Regime des ganzen Nahen Ostens ist.
Aber so lange keine Europäer, Amerikaner und Israelis in Gefahr sind, ist es vollkommen egal wie viele Araber von Diktatoren gefoltert und ermordet werden. Machen wir uns doch keine Illusionen: wäre Syrien voll auf "unserer" Seite, würde es all diese Schreiberlinge nicht ansatzweise interessieren, wenn tausende Araber getötet werden würden. Deshalb verlief die ägyptische Revolution auch "unblutig", trotz weit über 800 Toten.
Deshalb klingt der Autor des Textes auch verbittert, wenn er davon spricht, wie Mubarak, "Amerikas vertrauensvollster Alliierter" "fallengelassen" wurde.

Die Israelwahnsinnigen werden diesen arabischen Despoten bis in alle Ewigkeit hinterhertrauern. As'ad AbuKhalil schrieb heute polemisch:
Zionists would get rid of Theodor Herzl before they get rid of Husni Mubarak.
Manchmal könnte man das wirklich denken.

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